26.04.2016

Kompatibel dank Kompromiss?!

Guten Morgen aus Berlin!
In den letzten 14 Tagen habe ich mein Leben von Grund auf umgekrempelt. Die Stress-Schraube rückwärts gedreht und mir Luft zum Atmen verschafft. Freizeit. Zeit nur für mich. Das war auch nötig, denn meine Gesundheit war ziemlich angegriffen. Ok, sie ist es noch und ich bin weiterhin sehr vorsichtig, aber es geht mir bereits viel besser und ich merke, wie es mir gut getan hat, einigen Ballast von Bord zu schmeißen. Kein Druck mehr bezüglich "DIY-Bereich" und "eigener Schnittmuster". Nur noch "facebooken", wenn Zeit und Lust da sind. Und ich nutze seit einigen Tagen auch die "Planen-Funktion" auf meiner Facebook-Seite, sodass meine Beiträge erscheinen, ich aber nicht zu bestimmten Zeitpunkten vor dem PC sitzen "muss". Ok, ich muss sowieso nicht, denn mir macht es Spaß, die Suche nach schicken und teilweise außergewöhnlichen und immer kostenlosen Anleitungen. Das will ich mir auch behalten.

Ich hoffe ja auch sehr, dass bald meine Nählust wieder bei mir anklopft, die ist nämlich auch irgendwann auf der Strecke geblieben und hat sich verabschiedet. Meine Nähmaschine steht seit Monaten völlig beleidigt in der Ecke, die Stoffschätze stapeln sich in Kisten, Schnittmuster sind ausgeschnitten und geklebt, aber bisher verspüre ich immer noch keinen Drang, mich an die Arbeit zu machen. Das finde ich einerseits sehr, sehr schade, andererseits setze ich mich damit jetzt nicht mehr selbst unter Druck. Die Zeit wird kommen, ganz bestimmt. Und ich merke, dass meine getroffene Entscheidung, den beruflichen Nähbereich zu verlassen, richtig war. Nähen hat mir immer sehr viel Spaß gemacht und dieser Spaß ist irgendwann verloren gegangen und wurde durch "Nähdruck" ersetzt. Das will ich einfach nicht mehr. Ich möchte die Freude an meinem Nähhobby wiederfinden.

Ich hatte dank freier Zeit in den vergangenen Tagen die Möglichkeit, einige Situationen der letzten Wochen und Monate zu reflektieren und habe festgestellt, dass ich teilweise nicht kompatibel bin. Ich passe in bestimmte Gruppierungen irgendwie nicht rein, fühle mich unwohl in der Gesellschaft mancher Menschen. Warum das so ist? Hm....... ich glaube, die Chemie stimmte nicht. Oder meine Erwartungen waren andere als die meiner Gegenüber. Die Erwartung, dass man sich auch ein wenig mit meiner Person "beschäftigt", mich einbezieht in Gespräche oder das eine oder andere Wort an mich richtet, war wohl zu hoch.
Und dann passiert es immer wieder, dass ich mich zurückziehe. Wenn ich merke, dass ein bestehender Verbund die Mauern hochzieht und es keine wirkliche Chance gibt sie zu durchbrechen, ist meine persönliche Grenze erreicht und ich akzeptiere es. Vielleicht passe ich nicht überall rein? Vielleicht lag es an mir? Vielleicht war es der falsche Zeitpunkt? Egal aus welchen Gründen: es kann ab und an passieren, dass man einfach nicht dazu gehört. Und das ist auch gar nicht schlimm, wie ich finde. Man muss lediglich entscheiden, wieweit man selbst bereit ist, sich zu verbiegen und es passend zu machen. Und das geht oft über Kompromisse schließen hinaus.

Früher habe ich es gemacht, wollte mit aller Gewalt dazugehören, habe meine eigenen Bedürfnisse zurückgeschraubt, um ein Teil der Gemeinschaft zu sein. Heute mache ich das nicht mehr. Ich buche es als Erfahrung in einen Lebensabschnitt und hake es dann ab. Ich forsche auch nicht mehr, woran es gelegen hat, sondern akzeptiere es einfach. Und viel wichtiger: ich suche den Fehler nicht bei mir. Egal ob im beruflichen, privaten oder Hobbybereich: verbiegen, um auf Teufel komm heraus gemocht zu werden, sollte man sich nie. Das ist nicht ehrlich, weder von einem selbst, noch von den anderen. Klar schmerzt es in gewissen Situationen. Weil man sich gefreut hat auf Menschen oder Ereignisse und diese Vorfreude nun der Enttäuschung weicht. Aber hey, es ist kein Weltuntergang. Das ist manchmal einfach so. Das nennt man Leben!

Ich freue mich jetzt über die schönen Dinge: die Planung der Hochzeit meiner Tochter, meinen Beruf, die Freizeit, die ich jetzt habe, über liebe Mails von DIY-Begeisterten, die mir Fotos ihrer Nähwerke schicken und sich freuen, dass es mit meinen Schnittmustern wunderbar geklappt hat und sie ihre Shirts und Hosen mit Stolz und Freude tragen. Ich genieße es, mal nicht gehetzt von Termin zu Termin zu eilen, sondern auch mal eine Viertelstunde mitten am Tag mit einem Bekannten bei einer Tasse Kaffee zu quatschen, ohne jede Minute auf die Uhr zu schauen und mir selbst in Erinnerung zu rufen, wieviel Arbeit noch auf mich wartet. Ich freue mich über die Fortschritte, die mein Körper macht und mir damit signalisiert, dass ich auf dem richtigen Weg bin. So eine kleine Portion Egoismus ist gesund, tut gut, hilft oft auch beim Überleben in unserer Ellenbogen- und leistungsorientierten Gesellschaft. In diesem Sinne wünsche ich euch einen wunderschönen Tag und ärgert euch nicht über das Wetter! Auch die Sonne wird bald wieder scheinen, sowohl vom Himmel als auch im Herzen!
Herzliebst eure Boerlinerin!

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